Rechtsextremismus in Deutschland

Definition

In Deutschland ist der Begriffs „Rechtsextremismus“ juristisch nicht eindeutig definiert.
Laut Bundesamt für Verfassungsschutz ist er eine „unterschiedlich ausgeprägte nationalistische, rassistische oder staatsautoritäre bis totalitäre Weltanschauung, die im Gegensatz zu den grundlegenden Prinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung steht“, so nachzulesen bei Wikipedia oder dortselbst.
Seit 1945 wurden 15 „rechte“ Gruppierungen verboten.

Geschichte

1945 endet der zweite Weltkrieg mit der „Niederlage“ der Deutschen.
Hitler hat es nicht geschafft, die Welt zu erobern, stattdessen hatte er Deutschland und Europa in Schutt und Asche gelegt, und die Deutschen stehen vor den Ruinen ihrer Träume.
Während sie sich fleißig zum Wirtschaftswunderland entwickeln und im Haushaltsglück von Waschmaschinen, Trockenhauben und ferngesteuert backenden Öfen versinken, klammern sich die Verlierer, die letzten Uneinsichtigen, noch immer an die alten „Werte.“
Sie waren noch immer „Helden“, das Kriegsende wird Trauertag begangen, die Alliierten zu Verbrechern und Unterdrückern gestempelt, die Verfassung „der Sieger“ nicht anerkannt.
Und Generationen von neuen Möchtegernhelden wachsen heran, im Geiste voll mit den Erzählungen von damals, aus der goldenen Zeit.
Opa, erzählt doch mal … Warst du ein Held?
Natürlich, mein Junge. Das kannst du fast genauso im Landserheft Nummer Soundsoviel nachlesen. Es war nämlich alles ganz anders als das, was ihr in der Schule vorgelogen bekommt…

Rechtsextremismus heute – Wirrwarr mit und ohne Haar

Klingt richtig modern, finden Sie nicht? Fast so wie „Rechtsextremismus richtig anwenden“ oder „Rechtsextremismus – the app.“
Natürlich. Der Rechtsextremismus IST modern.
Die Rechten sind nicht so blöd, in den alten Uniformen von damals herumzulaufen, die rechten Parteien geben sich neue Gesichter, sie beschäftigen sich jetzt mit Familienpolitik und Umweltschutz, und die Autonomen Nationalisten bilden auf Demos „schwarze Blöcke“, genau wie die Linken, und tragen manchmal sogar Arafattücher.
Die intellektuellen Rechten argumentieren gewandt, man kann zunächst nur schlucken, bis man, zu spät, merkt, wo der Haken in der Argumentation hing und warum sie natürlich NICHT recht haben. Auch damit nicht, dass sie ja alle Ausländer mögen, solange die Ausländer im Ausland bleiben und dass sie deshalb also gar nicht ausländerfeindlich sind, sondern nur die Kultur in unserem Land vor Überfremdung schützen möchten …

Die Parteien, Die Neue Rechte und Die Autonomen.

Man kann von drei Kategorien des Rechtsextremismus sprechen:

  • Rechte Parteien
  • Die Neue Rechte
  • Die Autonomen

Die Parteien (NPD, REP, pro Deutschland ...) und die Autonomen sind sichtbar, die Neue Rechte ist oft unsichtbar. Darunter versteht man die Menschen aus dem eher intellektuellen Bereich, die sich mit Ideen wie Volksgemeinschaft und Ökologiebewegung beschäftigen und sich von den starren Mustern der NPD betont abgrenzen. In diesen Bereich wird z.B. auch Thilo Sarrazin gesehen.
Auch die neue Rechte spricht sich gegen Humanismus und Pluralismus aus. Viele ihrer Anhänger praktizieren  außerdem eine Art „Neuheidentum“ sehr esoterischer Natur und sind in der anthroposophische Ecke wiederzufinden.
Während rechte Parteien versuchen, sich verfassungsfreundlich zu geben und so konservative Wähler, Anti-Wähler und junge Familien zu ködern, beschäftigt sich die Neue Rechte eher mit dem Schreiben von Abhandlungen und Büchern.
Die Autonomen beschäftigen sich hingegen damit, Steine zu werfen, laute Musik zu hören, Bier zu trinken und so auszusehen wie die Linksautonomen. Einige Angehörige der rechten Skin-Szene sind quasi nur „Spaß-Skins“, sie prügeln sich gerne, vor allem mit Linken, sind jedoch unpolitisch. (wobei man betonen muss, dass es auch nicht-rechte Skins gibt!)
Innerhalb der autonomen Szene existieren außerdem „Freie Kameradschaften“, die regional und unabhängig voneinander agieren, aber auch oft zusammenarbeiten. Es gab und gibt verschiedene „Mädelbünde“ o.ä., deren berühmtester in Berlin bereits vor Jahren verboten wurde. Frauen und Mädchen stehen mit Organisationen wie dem RNF (Ring Nationaler Frauen) nicht mehr so sehr im Hintergrund der Szene wie noch vor einem oder zwei Jahrzehnten.
Der NSU wäre ein eigenes Thema, damit warten wir aber lieber bis zum Ende der Gerichtsprozesse (so es jemals eines gibt).

Gemeinsam ist allen rechtsextremen Strömungen, dass sie der Meinung sind, es wären eben „nicht alle Menschen gleich oder gleich viel wert“, es gäbe eine Art von „Herrenrasse“, der mehr Privilegien zu stehen, und es dürften keine Einwanderungen oder Vermischungen von „Rassen“ stattfinden.
Grundgesetz und Verfassung Deutschlands werden nicht als solche anerkannt.
Im Moment gibt es eine Bewegung Rechtsextremer „für den Frieden“, in der Rechte verschiedener Lager zusammen gegen Islamismus demonstrieren. Die Kriegsverbrechen des IS sind hier ein willkommener Vorwand, alles Muslimische zu verteufeln, ähnlich dem Thema „Kinderschänder“, das von den Rechten auch immer wieder ausgeweidet wird.
Die Anti-Salafisten-Aufmärsche sind dadurch besonders interessant, da der Islamismus selbst ultrakonservativ und somit rechtsextrem ist.
Tatsächlich gibt es Überläufer von der jugendlichen Rechten- in die Dschihadistenszene.
Gewalt macht eben unter jeder Fahne gleich viel Spaß.

Rechtextreminus in den USA (https://www.flickr.com/photos/joshpl/3957328712)

Rechtextreminus in den USA

Rechtextreminus in den USA, Hiltergruss und Nazi-Symbole

Rechtsextremismus im internationalen Austausch

Tatsächlich – die rechten Schweden besuchen die rechten Deutschen besuchen die rechten Engländer. Was national aussieht, wird plötzlich, innerhalb der „Herrenrasse“, international.
Einerseits sprechen die Neonazis vom Weltnetz statt vom Internet, andererseits findet das verbotene britische Neonazi-Netzwerk „Blood and Honour“ noch heute als Symbol Verwendung: Die Zahl 28 für BH steht nicht unbedingt für Büstenhalter.
Gerade Musikgruppen aus nordischen Ländern sind natürlich in, englische Kleidermarken auch, und die NA (Nationalist Alliance) aus den USA pflegt gute Kontakte zur NPD. Ja, Amerika ist eben nicht immer ein Feindbild für die Rechten... ebenso wie die „world church of the creator“, die an die Überlegenheit der arischen Rasse glaubt und, genau wie übrigens die Dschihadisten, an eine baldige Apokalypse.
Und in der Ukraine fordern Mitglieder der rechtsextremen Partei „Swoboda“ einen Einwanderungsstop für Nichtukrainer und die Eintragung ethnisher Merkmale im Reisepass.

Entschuldigung, sind Sie ein Neonazi?

Genau wie die Definition ist das Erkennen von Rechten heute gar nicht mehr so einfach:
Früher hatten sie keine Haare, trugen Springerstiefel und sagten genau, was sie dachten.
Heute ist das anders. Der langhaarige Typ mit Intellektuellenbrille, der in ökologischen Hanfklamotten vor mir im Laden steht und altirischen Silberschmuck um den Hals trägt, warum hat der an seinem Auto eigentlich rechte Aufkleber? War der Silberschmuck doch ein Thorshammer?
Es gibt eine Menge Erkennungszeichen, und sobald man die Listen liest, entdeckt man beunruhigend viel Interessantes in der eigenen Umgebung…

Ost, West, rechts, links?

Der Rechtsextremismus ist, obwohl manche es gerne so hätten, kein ostdeutsches Phänomen, das zeigt sich schon alleine an der Verteilung der Gewalttaten des NSU in Deutschland.
Er war vielmehr zwar schon vor der Wende im Osten in kleinen Splittergruppen vorhanden, obwohl die DDR seine Existenz stets bestritt. Man musste sich im Sozialismus nicht mit dem Problem oder den Gedanken dahinter auseinandersetzen, da es das Problem ja offiziell nicht gab...
Eine Menge „neuer“ Rechtsextremismus schwappte dann 1990 über die Grenze und traf auf fruchtbaren Boden, vor allem in Regionen mit schwacher Wirtschaft und hoher Arbeitslosigkeit.
Vor allem bei den sogenannten Wendeverlierern und, mehr noch, ihren Kindern.
Zwar war früher alles besser, in der DDR nämlich, aber NOCH früher war selbstverständlich alles NOCH besser, und das war, als Hitler die Autobahnen baute.
Gerade in Ländern wie Mecklenburg Vorpommern haben Jugendliche, deren Eltern arbeitslos sind und keine Ausbildung haben, faktisch kaum eine Chance, selbst Ausbildung und Arbeit zu bekommen. Theoretisch steht ihnen all das zu, die Praxis sieht anders aus.
Bildungsferne Haushalte produzieren bildungsferne Kinder, das ist – fast immer – ein trauriger Fakt. Wer schon in der Grundschule nicht mit Hilfe bei den Hausaufgaben rechnen kann, verliert rasch den Anschluss. Und der Staat wird im Osten immer noch als Feind angesehen.
Natürlich fördert der Staat benachteiligte Schüler, aber all diese Fördermaßnahmen haben immer etwas sehr bürokratisches und gleichzeitig Mitleidscharakter.
So wie die Almosen, die den Arbeitslosen unter schöneren Namen gegeben werden, den Stolz mehr verletzen als die Haushaltskasse.
Kommt nun eine Partei wie die NPD oder eine autonome Gruppe und erklärt den Menschen, sie seien mehr wert als andere, alleine dadurch, dass sie Deutsche seien, und sie könnten etwas, nämlich für ein besseres Deutschland kämpfen, und es gäbe sogar, außerhalb des Staates, noch ein paar praktische Schuldige – nämlich die Ausländer – dann ist das natürlich wunderbar.
Endlich werden die Jugendlichen anerkannt, endlich haben sie eine Chance, sich zu beweisen.

So legt eine Studie der Universität Leipzig dar, dass es im Osten eher die jungen Menschen sind, welche es in rechtsextreme Lager zieht, während man im Westen eher die Älteren dort findet.
Im Westen ist der Rechtsextremismus anders verankert, mancher Orts unauffälliger und dadurch vielleicht sogar gefährlicher.
Der Austausch zwischen Ost und West ist natürlich sowieso vorhanden, vieles wird von hier aus organisiert und auch, was wichtig ist, bezahlt. Hier sitzen, sehr gemütlich, die letzten alten „Zeitzeugen“, die von den jüngeren Gruppen eingeladen werden, um über „damals“ zu erzählen.
Natürlich gibt es auch alte Rechte im Osten und junge Neonazis im Westen … man denke an den Attentäter auf dem Oktoberfest 1980, der 12 Menschen mit sich in den Tod riss und Anhänger der kurz zuvor verbotenen Wehrsportgruppe Hoffmann in Bayern hatte...
Studien belegen, dass es im Osten statistisch mehr autonome Gruppen gibt, der Osten ist lauter, trägt Stiefel und schreit.
Im Westen geht der röhrende deutsche Hirsch, bis er zutritt, auf leiseren Sohlen.